Konfliktmanagement: Potenzial zur nachhaltigen Effizienzsteigerung in Wirtschaftsunternehmen
Teil 1: Das Prinzip der Effizienzsteigerung
Oliver Ahrens, Lars Peterson
Die Wirtschaftsmediation, 4/2014
Effizientes und nachhaltiges Konfliktmanagement stellt viele Wirtschaftsunternehmen vor Herausforderungen. In den meisten Fällen bleiben Effizienzreserven ungenutzt. In Teil 1 ihres Artikels stellen Oliver Ahrens und Lars Peterson die Hypothese auf, dass sich der Beratungsschwerpunkt von leicht zu erschließenden Potenzialen, etwa Produktionsabläufen, über komplexere bis hin zu schwer messbaren Potenzialen, wie dem Zusammenwirken von Mitarbeitern, weiterentwickelt.
Entwicklungen zur Erschließung von Effizienzreserven
Fortschritt wird in der Regel zunächst über leicht zu erschließende Nutzen angestrebt, bevor komplexere Herausforderungen angenommen werden. Die Leichtigkeit kann sich auf verschiedene Kriterien beziehen, wie beispielsweise die Zugänglichkeit der Nutzen oder die Beherrschbarkeit der Erschließungsprozesse, sie kann aber auch in den Risiken zur Erschließung dieser Nutzen bestehen. Komplexität wiederum kann durch eingeschränkte Messbarkeit entstehen, die eine Nutzenbewertung erschwert.
Ein allseits geläufiges Beispiel veranschaulicht dieses Grundverständnis: die Erschließung von Energiequellen. Am Anfang stand die Nutzung leicht zugänglicher Brennstoffe wie Brennholz oder Holzkohle. Die Verwendung von Brennstoffen mit höherer Energiedichte, aber schwerer Zugänglichkeit, zum Beispiel Kohle oder Erdöl, stellte den nächsten Schritt dar. Mit der Erschließung weiterer Energiequellen, die eine größere Komplexität in der technischen Nutzbarmachung besitzen (Kernenergie, Fusionstechnologie, regenerative Energieträger wie Windkraft etc.), setzt sich die Entwicklung fort. Der Umstand einer definierten Reihenfolge bei der Erschließung dieser und zukünftiger Energiequellen ist leicht nachvollziehbar, eine Umkehrung wäre abwegig. Dieses Prinzip einer definierten Reihenfolge und Weiterentwicklung, basierend auf bestimmten Voraussetzungen, stellt den Kern der diesem Artikel zugrunde liegenden Hypothese dar: Die Erschließung von Nutzen beginnt grundsätzlich mit leichter zugänglichen Potenzialen und geht zunehmend auf komplexere Reservoirs über, sofern ein Anlass für die Weiterentwicklung besteht.
Ausgehend von dieser Hypothese wird die wachsende Bedeutung des Konfliktmanagements und somit der Mediation als ein zentrales Konfliktlösungsverfahren aufgezeigt, wenn es darum geht, die mutmaßlich am schwersten zu erschließende Effizienzreserve in Wirtschaftsunternehmen zugänglich zu machen: die Wirksamkeit der einzelnen Mitarbeiter. Hierzu wird sowohl die Reihenfolge bei der Erschließung von Effizienzpotenzialen in Wirtschaftsunternehmen aufgezeigt wie auch der Grund für die Weiterentwicklung identifiziert.
Wertschöpfungsphasen
Als Wertschöpfung werden sämtliche Beiträge verstanden, die zur Erzeugung von Mehrwert (z. B. Produkte oder Dienstleistungen) führen. In einem Unternehmen wird die Effizienz und Effektivität innerhalb einer Wertschöpfung von zahlreichen Faktoren beeinflusst (siehe Abb. 1).
Um die schwer beherrschbare Vielzahl von Einflussfaktoren überschaubarer zu gestalten, kann die Wertschöpfung in Phasen gegliedert werden. Diese Phasen stellen häufig auch Bereiche innerhalb der Organisation eines Unternehmens dar, in denen der betreffende Wertschöpfungsanteil als Schwerpunkttätigkeit organisiert ist.
Es existieren zahlreiche Modelle, um Phasen einer Wertschöpfung zu gliedern. Hier wird folgende Unterteilung vorgenommen:
-
- Verständnisbildung bezüglich der Marktanforderungen
- Entwicklung von Produkten / Lösungen
- Herstellung dieser Produkte / Lösungen
- Bereitstellung dieser Produkte / Lösungen am Markt (Vertrieb)
Die Wirksamkeit der einzelnen Mitarbeiter bei Ausübung ihrer Tätigkeiten, insbesondere in deren Zusammenwirken, beeinflusst jede dieser Wertschöpfungsphasen in einem unterschiedlichen Grad (siehe Abb. 2).
Sequenzielle Erschließung von Effizienzpotenzialen in Wirtschaftsunternehmen
Wenn die Erschließung von Effizienzpotenzialen in Wirtschaftsunternehmen als Entwicklung verstanden wird, so lässt sich das Prinzip der chronologischen Abfolge anwenden, beginnend mit leicht zu erschließendem Nutzen hin zu zunehmend komplexeren Potenzialen. Abbildung 3 zeigt die Reihenfolge, in der Effizienzpotenziale in Wirtschaftsunternehmen diesem Prinzip folgend zur Erschließung in den Fokus genommen werden.
Effizienzverbesserungen werden mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen verfolgt. Es gibt zahlreiche lokal begrenzte und kreative Verbesserungsmaßnahmen, die sich jedoch von den Megatrends unterscheiden, welche mit grundsätzlichen Veränderungen in Denkweisen, Methoden und Werkzeugen einhergehen. Solche Megatrends bei Verbesserungsansätzen finden stete Verbreitung, oft über Zeiträume von Jahren oder Jahrzehnten, bis sie sich schließlich als Standard in Wirtschafts- oder auch Gesellschaftsbereichen durchsetzen.
Ausblick
In Teil 2 werden die Phasen der Erschließung von Effizienzpotenzialen beschrieben und die Argumentation begründet, warum und unter welchen Voraussetzungen das Konfliktmanagement zur Identifizierung des verbliebenen Potenzials in Wirtschaftsunternehmen nachgefragt werden wird.